„Verschuldete Kommunen brauchen Schuldenschnitt wie HSH-Bank“

In der Stadtvertretersitzung am 22.1.2019 gab BALL-Fraktionsvorsitzender Dr. Günter Thiel folgende Erklärung zum Haushaltsplan 2019 ab:

„Der Haushaltsplan 2019 beinhaltet ein Defizit bei den laufenden Einnahmen und Ausgaben im Verwaltungshaushalt – einschließlich der aus den Vorjahren mitgeschleppten Defizite – von rd. 7.2 Mio. Euro. So hoch wird es wahrscheinlich am Ende doch nicht sein, da – wie wir wissen – das für das Jahr 2018 erwartete Defizit von rd. 1.6 Mio € nicht eingetroffen ist. Demnach läge die Stadt Ende 2019 bei rd. 5.6 Mio. Defizit im Verwaltungshaushalt. Und vielleicht verläuft auch das Jahr 2019 besser als geplant, denn

  • die Gewerbesteuereinnahmen sind vorsichtig angesetzt
  • die rd. 300 T. € Fehlbetragszuweisung für 2017 sind noch nicht enthalten
  • die Gewinnabführung der Stadtwerke ist vorsichtig angesetzt
  • es gibt am Ende meist erhebliche Haushaltsreste.

Auf der anderen Seite ist die Stadt den konjunkturellen Risiken des Marktes und hier insbesondere den Folgen des Brexit, der Handelskriege und US-Sanktionspolitik ausgeliefert – und kommt der nächste Finanzcrash oder bleibt er aus ?

Aber auch ein Defizit im Verwaltungshaushalt von rd. 5 Mio. Euro kann nicht akzeptiert werden. Dabei haben wir aktuell noch eine besonders günstige Situation:

  • durch die konjunkturelle Entwicklung rechnet die Stadt mit deutlich mehr Steuereinnahmen und Zuweisungen
  • die Kreisumlage wurde gesenkt
  • die Stadtwerke unterstützen den Haushalt mit insgesamt gut 1 Mio. Euro
  • die Zinsen sind extrem niedrig

Dann kommt hinzu: die sogenannten „freiwilligen“ Ausgaben – also für Jugend, Sport, Kultur, Soziales –  werden seit unzähligen Jahren nicht erhöht und dadurch angesichts der Preissteigerungen real im zweistelligen Bereich gekürzt.

Die Grundsteuer und die Gewerbesteuer wurden erhöht. Das hat die BALL massiv kritisiert und abgelehnt.

Da es seit einigen Jahren nicht genügend Kita- und Krippenplätze gab, sparte die Stadt erheblich bei den Betriebskostenzuschüssen.

Alle Gebäudeunterhaltungsansätze wurden in den letzten Jahren auf einem Minimum gehalten. Der Sanierungsstau zeigt sich jetzt in Millionenhöhe auf der Schlossinsel.

In den Schulen sieht die Lernmittelfreiheit so aus, dass die Eltern zu den Lernmitteln mehr hinzuzahlen als die Stadt. An der Gottfried-Semper-Schule gibt es für hungrige Kinder kein Frühstück.

Der Stellenplan bei der Stadtverwaltung und den städtischen Einrichtungen wurde trotz erheblicher Mehraufgaben kaum verändert.

Und dennoch. Die Kürzungen und Einsparungen, die Mehrbelastungen der Bürgerinnen  und Bürger und die günstigen Rahmenbedingungen lösen nicht die Finanzprobleme der Stadt. Der Verwaltungshaushalt der Stadt bleibt mit einigen Millionen im Defizit.

Es gibt politische Alternativen.  Glücklicherweise hat sich im Laufe der Jahre hier in der Stadtvertretung die Erkenntnis durchgesetzt, dass es erheblicher Verbesserungen in der Finanzausstattung der Kommunen und zumindest der finanzschwachen Kommunen bedarf.

Die Stadt Barmstedt kann mit dem eigenen Steueraufkommen und den vom Land zugewiesenen Steuern und Zuweisungen nicht die ihr zugewiesenen Aufgaben erfüllen ohne ins Defizit zu geraten, geschweige denn Überschüsse für Investitionen zu erwirtschaften.

Bis 2020 muß der kommunale Finanzausgleich in SH durch das Urteil des Verfassungsgerichts neu geregelt werden.

  • Wir erwarten, dass die Stadt Barmstedt am Ende mit erheblich mehr Steueranteilen und Zuweisungen, über die sie frei entscheiden kann, verfügt.
  • Für Aufgaben, die von den Gemeinden aufgrund von Beschlüssen und Gesetzen des Bundes oder des Landes zu übernehmen sind, müssen die Gemeinden eine volle Kostenerstattung erhalten.
  • Und wir sind der Auffassung, dass besonders finanzschwache Kommunen einen Schuldenschnitt zumindest für die kumulierten Defizite im Verwaltungshaushalt benötigen.

Dies ist möglich, wenn die Bereitschaft zur Unterstützung der Kommunen in der CDU/FDP/GRÜNEN-Koalition so ausgeprägt wäre wie bei anderen Gelegenheiten. Was stand doch in der BZ am 12.1.2019: „Land tilgt HSH-Schulden“.  Jetzt ging es um 2.95 Mrd., am Ende insgesamt um 5.5 – 7 Milliarden Euro.  Barmstedt ist überschlägig berechnet mit rd. 25 Millionen € dabei.

Das sind einfache Forderungen, die von vielen Kommunen erhoben werden. Und wir denken, dass die Stadtvertretung sich in der Diskussion um den zu verändernden Finanzausgleich mit einer kurzen Entschließung zu Wort melden sollte. Der Entwurf unserer Fraktion liegt vor.

Im Vermögenshaushalt der Stadt, aber auch an verschiedenen Ansätzen im Verwaltungshaushalt sind Projekte und Investitionen berücksichtigt, für die nicht zuletzt auch die BALL sich seit langem eingesetzt hat: so der Neubau der Stadtbücherei, die neue Kindertagesstätte mit der Übergangslösung, die Modernisierung der AWO-Kita Wasserläufer, die Flüchtlingsunterbringung, der Neubau der Feuerwache, die Sohlgleite, die Medienausstattung in den Schulen, die Sanierungsmaßnahmen in den Schulen und auf der Schlossinsel.  Um diese wichtigen Projekte auf den Weg zu bringen, werden wir dem Haushalt letztlich zustimmen trotz der eingangs geäußerten grundlegenden Kritik.“