Wenn die Corona-Pandemie eines gezeigt hat, dann dass an unseren Schulen beim Thema Digitalisierung noch viel Luft nach oben ist. Bis vor einem Jahr wurde dort noch sehr analog agiert: Arbeitsaufträge und Übungsaufgaben wurden fast ausschließlich auf Zetteln ausgeteilt und bearbeitet, um die Arbeitsergebnisse dann genau auf dem gleichen Wege wieder an die Lehrkräfte zurück zu geben zurückzugeben.

Seitdem die Kontaktvermeidung nun seit einem Jahr das Gebot der Stunde ist, sollte dieser ganze Prozess fast über Nacht digital stattfinden. Die Realität sah und sieht da natürlich etwas anders aus: Lernmanagement-Systeme wie iServ waren sehr störungsanfällig, Schüler und Lehrer hatten kein ausreichendes technisches Equipment und Know-How, Lernmaterial stand nicht digital zur Verfügung, … die Liste könnte noch etwas fortgeführt werden. Bis zu einem reibungslosen digitalen Unterricht ist der Weg noch lang, aber langsam werde Teilerfolge sichtbar: iServ läuft stabiler, Lehrkräfte haben sich mit der Technik auseinandergesetzt und können sie besser einsetzen. Nicht zuletzt auch deshalb, weil sie endlich Laptops zur Verfügung gestellt bekommen haben.

Auch diesen gesamten Prozess verstehen wir unter „Digitalisierung der Schulen“ und er ist noch lange nicht abgeschlossen. Mit Hilfe des Digitalpaktes muss an vielen Stellen noch nachgebessert werden.

Die Idee, komplette Jahrgänge mit iPads auszustatten ist aus unserer Sicht nur ein Teilaspekt im Digitalisierungsprozess: In diesem konkreten Fall die Ausstattung mit digitalen Lernmitteln.

In einer stark digitalisierten Arbeitswelt werden IT-Kenntnisse und Fähigkeiten am Computer immer wichtiger:

  • Dokumente verfassen und formatieren
  • Tabellen zum Kalkulieren und Visualisieren verwenden
  • Ergebnisse von Internetrecherchen kritisch hinterfragen und sich mit den Gefahren des Internets auseinander setzen
  • Programmieren und Homepages erstellen
  • Aufbau und funktionsweise von PCs verstehen
  • Fotos und Videos produzieren und schneiden
  • Netzwerktechnik verstehen
  • und vieles mehr

All das sind wichtige Kompetenzen für die Zukunft. Die Schule hat hier den Auftrag, die Schüler auf diese Anforderung vorzubereiten, so viel steht fest. Aber gelingt dies allein durch die Nutzung von iPads an Schulen?

Viele dieser Aufgaben lassen sich mit dem Tablet erledigen, für einige ist ein PC jedoch sinnvoller. Bestimmte Inhalte sollten in modernen Computer-Räumen mit leistungsfähigen PCs unterrichtet werden. Hierbei handelt es sich um angemessene Lehrmittel, die in den Schulen bereit gestellt werden müssen. Daher ist dies auch nochmal der Appell an alle Fraktionen, bei dem Umbau der GSS und der Einrichtung von funktionierenden Computerräumen an allen Barmstedter Schulen genauso motiviert für die Digitalisierung zu stimmen, wie sie es auch bei den iPads machen. Wir werden uns dafür auch zukünftig stark machen.

iPads als Endgeräte für die Schüler sind das letzte Glied in der langen Digitalisierungskette und Ihr ihr Einsatz hat Grenzen: Sie dienen aus unserer Sicht in erster Linie als geeignetes Lern- und Arbeitsmittel und als Ergänzung oder Ersatz für Schulbücher und Arbeitsblätter.

Wir haben uns am 27. August 2020 für einen Probejahrgang ausgesprochen, um durch ihn wichtige Erkenntnisse zu erlangen. Immerhin entstehen durch die Anschaffung der Geräte hohe Kosten für Stadt und vor allem auch die Eltern der SchülerInnen, daher halten wir es für angemessen und wichtig, die Verhältnismäßigkeit dieser Kosten zu überprüfen. Aus unserer Sicht gäbe es folgende Fragen zu beantworten, bevor iPads flächendeckend für alle Schüler in den Einsatz kommen:

Fragen zum Einsatz im Unterricht:

  • Können die Lehrer die Geräte problemlos administrieren?
  • Wie bewerten die Lehrkräfte den pädagogischen Nutzen der Geräte?
  • Wie häufig werden die Geräte wirklich im Unterricht eingesetzt und in welchen Fächern?
  • Wie kommen die Kinder mit den Geräten zurecht?
  • Ist die bestehende Infrastruktur (vor allem das WLAN-Netz) an den Schulen ausreichend für den reibungslosen Parallel-Betrieb von Hunderten von iPads?
  • Harmonieren die iPads mit den bestehenden Präsentationsmedien, d.h. kann ich problemlos den Bildschirm mit dem Projektor darstellen?
  • Und vielleicht die wichtigste Frage: Kann der gleiche pädagogische Mehrwert auch durch Kofferlösungen erzielt werden?

Daher halten wir es nach wie vor für absolut sinnvoll, mit einem Pilotjahrgang zu beginnen, um diese Fragen beantworten und auch die finanziellen Auswirkungen für Eltern und Stadt beurteilen zu können. Die Anschaffung der iPads stellt für die Eltern eine erhebliche finanzielle Belastung dar.  Für die BALL war und ist es wichtig, dass kein Kind und keine Familie aus finanziellen Gründen in diesem Punkt benachteiligt wird.

Wir treten daher nach wie vor dafür ein, die Erfahrungen des Pilotjahrgangs abzuwarten, bevor weitergehende Beschlüsse gefasst werden. Wir werden daher den Änderungsantrag stellen, dass der Beschluss vorerst für einen Probejahrgang gilt.

Weiterhin gehen wir davon aus, dass das letzte Wort in Sachen Digitalisierung der Schulen auch in Barmstedt noch lange nicht gesprochen ist. Die Kommunen und insbesondere auch die Familien können die mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten nicht alleine tragen – hier sind weiterhin Bund und Land gefordert,  die mit Digitalpakt und Sofortausstattungsprogrammen erste Schritte getan haben.

Die Beschlüsse des Ausschusses für Kultur, Schule und Sport vom 15. März 2021

Am 27. Aug. 2020 hat der Ausschuss für Kultur, Schule und Sport (einstimmig) beschlossen, dass am Gymnasium und an der Gottfried-Semper-Schule je ein Jahrgang (als Pilotjahrgang) mit elternfinanzierten / schülereigenen Geräten zum Schuljahr 2021/2022 ausgestattet werden soll. Für die anderen Jahrgänge wird die Lösung mit Koffergeräten umgesetzt. Koffergeräte bedeutet, dass in den Schule „Koffer“ mit Geräten für jeweils eine Klasse bereitgehalten werden, die für bestimmte Unterrichtsvorhaben in der Schule genutzt werden können.

Bezüglich der Beschaffung wurde am 27. Aug. vergangenen Jahres einstimmig beschlossen, dass diese über eine Finanzierung, per Sofortkauf oder per Ausleihe für 5,00 Euro pro Monat erfolgen könne.

Die Anschaffung der iPads stellt für die Eltern eine erhebliche finanzielle Belastung dar.  Für die BALL war und ist es wichtig, dass kein Kind und keine Familie aus finanziellen Gründen in diesem Punkt benachteiligt wird. In Paragraph 4,  Abschnitt 7, des Schleswig-Holsteinischen Schulgesetzes heißt es:

Die Bildungswege sind so zu gestalten, dass jungen Menschen unabhängig von der wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Stellung oder der nationalen Herkunft ihrer Eltern und unabhängig von ihrer Geschlechtszugehörigkeit der Zugang zu allen Schularten eröffnet und ein Schulabschluss ermöglicht wird, der ihrer Begabung, ihren Fähigkeiten und ihrer Neigung entspricht.

In seiner Sitzung am 15. März diesen Jahres wurde über die Beschaffung der Geräte noch einmal im Ausschuss beraten.  Während die Gottfried-Semper-Schule erst im übernächsten Schuljahr (2022 /2023) mit einem Pilotjahrgang starten möchte, um das Vorhaben gründlich vorzubereiten,  wird am Gymnasium bereits die Ausstattung weiterer Jahrgänge bis zum Jahr 2025 geplant.

Im Ausschuss wurde kontrovers darüber diskutiert, ob die Beschaffung und der Einsatz in den Schulen zunächst für einen Probejahrgang oder für einen längeren Zeitraum geplant (und beschlossen) werden sollen.  Die BALL hat sich für einen Probejahrgang ausgesprochen, weil der Einsatz von Tablets in jeder Hinsicht mit vielen offenen Fragen verbunden ist; diese Meinung fand allerdings keine Mehrheit. Die Beschlüsse gelten daher bis zum Ende des Schuljahres 2024/2025.

Beschlossen wurde im Ausschuss folgendes:

  • Eltern, die selber ein Gerät kaufen, erhalten einen Zuschuss von 100 Euro für das erste Kind und einen Zuschuss von 125 Euro für jedes Geschwisterkind. Ein Mietkauf wird ebenfalls mit 100 Euro bezuschusst.
  • Eltern können ein Gerät für 7,00 Euro pro Monat ausleihen.
  • Empfänger von sozialer Unterstützung werden von der Leihgebühr befreit.
  • Die  Verwaltungskosten für die Einbindung der Geräte in die Schul-EDV wird von der Stadt übernommen.

Die Leihgebühr pro Monat wurde zwar um 2,00 Euro erhöht, aber wir werten es als erfreulich, dass die Unterstützung einkommensschwacher Familien einstimmig beschlossen worden ist.

Weiterhin gehen wir davon aus, dass das letzte Wort in Sachen Digitalisierung der Schulen auch in Barmstedt noch lange nicht gesprochen ist. Die Kommunen und insbesondere auch die Familien können die mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten nicht alleine tragen – hier sind weiterhin Bund und Land gefordert,  die mit Digitalpakt und Sofortausstattungsprogrammen erste Schritte getan haben.

Britt Schölermann und Herbert Flick für die BALL