29.11.2021

In den letzten Monaten sind die Menschen schon erheblichen Preissteigerungen ausgesetzt: Lebensmittel, Fahrkosten, Heizöl – alles wurde sehr viel teurer. Von den hohen Mieten ganz zu schweigen. Diese Preissteigerungen treffen Menschen mit geringem Einkommen extrem. Jetzt kommen ab 1.2.2022 erhebliche Preissteigerungen in der Grundversorgung bei den Energiekosten hinzu: In Barmstedt stimmte der Werkausschuss der Erhöhung der Arbeitspreise für Gas um unglaubliche bis zu 63 % zu. Für einen Haushaltskunden mit einem Verbrauch von 20.000 kWh bedeutet dies Mehrkosten bei Gas von rd. 62.- monatlich ! Die Preiserhöhung in der Grundversorgung beim Stromverbrauchspreis beträgt 5,9 %. Für einen Haushalt mit einem Verbrauch von 3.000 kWh bedeutet dies Mehrkosten in Höhe von 5.-€ monatlich.  Andere Versorger haben bereits ihre Preise entsprechend erhöht, viele werden nachziehen.

Die BALL-Stadtvertreter haben der Preiserhöhung nicht zugestimmt.  Für die BALL-Fraktion erklärte Dr. Günter Thiel: „Im Interesse der Bevölkerung, insbesondere derjenigen mit geringem Einkommen, können wir solchen Preiserhöhungen nicht zustimmen. Wir erwarten, dass in Barmstedt niemandem Gas oder Strom abgedreht wird – schon gar nicht Familien mit Kindern, kranken oder alten Menschen – , falls es zu Zahlungsproblemen kommt. Wir erwarten, dass dann im Zusammenwirken mit dem Sozialamt oder jobcenter Lösungen gefunden werden.“

 Die politische Verantwortung für diese Preisexplosionen haben die Parteien, die in der EU und in der Bundesrepublik die Versorgung mit Strom und Heizenergie dem „Markt“ freigegeben haben, und dort bestimmen die marktbeherrschenden Energiekonzerne und große Finanzakteure wie Blackrock. BALL-Stadtvertreter Klaus Kuberzig: „Kleine Versorger wie die Stadtwerke müssen die Preise beim Einkauf von Gas und Strom schlucken. Wenn sie Glück haben, kaufen sie ihre benötigten Mengen ein, wenn die Preise etwas niedriger liegen. Jetzt haben sich die Einkaufspreise für Gas innerhalb eines Jahres verzwölffacht !!! Die kleinen Versorger stehen mit dem Rücken an der Wand: Wenn sie die Preiserhöhungen nicht weitergeben, machen sie sehr hohe Verluste – bei den Stadtwerken wären das schmerzliche rund 3 Millionen € im Jahr. Insofern verstehen wir, dass die Stadtwerke zur Existenzabsicherung gar keine Alternative haben als die Preiserhöhungen weiterzugeben, und die Verbraucher haben auch keine reale Alternative, da die anderen Versorger ähnliche Preiserhöhungen vornehmen müssen.“

Für die aktuellen Preiserhöhungen beim Gaseinkauf gibt es weitere aktuelle Einflüsse: Der letzte lange und kalte Winter hat in vielen Regionen der Welt dazu geführt, dass viel Gas verbraucht wurde. Die Gasspeicher in der EU wurden nicht rechtzeitig aufgefüllt. Es wurde deutlich mehr Gas in den Gaskraftwerken zur Stromproduktion verbraucht. Flüssiggas (LNG) aus den USA wird augenblicklich fast nur nach Asien geliefert, weil dort höhere Preise erzielt werden. Der Erdgasverbrauch in Ostasien ist rapide gestiegen, verursacht zum einen durch die rasche Erholung der dortigen Industrie nach der ersten Welle der Covid-19-Pandemie, zum anderen dadurch, dass China seine Energieversorgung zunehmend von Kohle auf Erdgas umstellt. Lieferungen aus Norwegen gingen zurück, und die Sanktionen und Drohungen der US-Regierung gegen Unternehmen, die an Nordstream II mitbauten, verzögerten die möglichen höheren Lieferungen aus Russland. Diese Situation nutzen die Gashändler schamlos aus, um den Preis an den Börsen in die Höhe zu treiben. Knapp 50% des Gaspreises entfallen auf die Beschaffung – also den Einkaufspreis und den Vertrieb. Nebenbei kassiert der Staat über verschiedene Steuern und Abgaben mit. Rund 25% des Preises geht an das Finanzministerium. Dann ist es undurchsichtig, welches Spiel die Energiekonzerne spielen, um den Ausstieg aus den Kohlekraftwerken zu verzögern oder sich vergolden zu lassen. Auch die Lobby der Atomkraftwerkskonzerne taucht immer häufiger auf, um „klimafreundlichen“ Strom aus Kernkraftwerken als „Übergangslösung“ anzupreisen. Und nicht zuletzt wird mit unvorstellbaren Beträgen auf steigende oder sinkende Energiepreise gewettet.

Was ist jetzt zu tun?

Notwendig sind kurzfristige Maßnahmen, um die sozialen Folgen der hohen Energiepreise abzufedern und dennoch die Weichen auf sozial gerechten Klimaschutz zu stellen:

  • Sofortige Erhöhung der Sätze bei Hartz-4, Grundsicherungsrente und Sozialhilfe um 200.- €, wie es Die LINKE schon in den Bundestag eingebracht hat.
  • Erhöhung der Heizkostenzuschüsse für Geringverdiener und einkommensschwache Haushalte, u. a. über höheres Wohngeld
  • Senkung der Stromsteuer u. Abschaffung der EEG-Umlage
  • Gesetzlicher Preisstopp für Energie, wie es in Frankreich beschlossen worden ist.

Nach Auffassung der BALL muss die sichere und bezahlbare Versorgung mit Strom, Gas und Wasser genauso wie mit Wohnraum zur Grundversorgung der Bevölkerung gehören, und diese muss der Spekulation und dem Profittreiben der Konzerne entzogen werden. Die augenblickliche Situation zeigt zudem anschaulich, wie notwendig der Ausbau der erneuerbaren Energien in unserem Land ist, um mehr Unabhängigkeit zu erlangen.

Günter Thiel

BALL-Fraktionsvorsitzender